Den zweiten Corona-Sommer in Folge haben wir auf einer ausführlichen Reise mit unserem Offroad-Camper Samurai verbracht. Nachdem wir im letzten Jahr mit ihm durch ganz Norwegen bis zum Nordkapp gefahren sind, ging es dieses Jahr Richtung Süden in die Pyrenäen. Ursprünglich hatten wir die Gebirgskette zwischen Frankreich und Spanien wegen der Offroad-Fahrmöglichkeiten als Reiseziel ausgewählt. Im Nachhinein würde ich jedoch sagen, dass sich ein Roadtrip in die landschaftlich spektakuläre Region auch für alle lohnt, die nicht mit 4×4-Antrieb unterwegs sind. Denn hier warten nicht nur mehrere Gipfel über 3000 Meter, sondern auch unbekannte abwechslungsreiche Nationalparks mit Bergseen, Wasserfällen, Gletschern und Canyons mit zahlreichen Wandermöglichkeiten, als auch geschichtsträchtige Burgen und Klöster und viele faszinierende Lost Places.

Wir haben uns grob für eine etwa 3-wöchige Route vom Mittelmeer zum Atlantik entschieden, deren Highlights ich dir im folgenden Beitrag gerne vorstelle. Wie immer mit Tipps zu Entfernungen, Straßenverhältnissen, Nationalparks, Stellplätzen und Unterkünften sowie ganz besonderen Orten entlang unserer Route.

Wuppertal → Carcassonne (1290 Kilometer)

Carcassonne liegt kurz vor Beginn der französischen Pyrenäen etwa 70 Kilometer westlich von Perpignan an einer alten Handelsstraße zwischen Mittelmeer und Atlantik. Das Wahrzeichen der Stadt, die mittelalterliche Festungsanlage auf einem Hügel der Altstadt, ist von ihrer Größe und ihrem Erhaltungszustand her einzigartig in Europa. Da ich das gleichnamige Spiel Carcassonne als Kind sehr geliebt habe und die Stadt unbedingt einmal in Realität erleben wollte, schlagen wir hier unser erstes Camp während unseres Pyrenäen-Roadtrips auf. Danach erkunden wir das UNESCO Weltkulturerbe am Nachmittag und sind wirklich fasziniert. Vor allem im äußeren der beiden Mauerringe, die die eigentliche Burg umgeben, ergeben sich tolle Fotomotive. Wir fühlen uns wie in eine andere Zeit versetzt und schlendern gemütlich durch die alten Steine. Der innere Ring hingegen ist noch bewohnt, beherbergt Hotels, Restaurants und Cafés sowie Souvenirshops. Hier ist es plötzlich vorbei mit der Ruhe. Es gibt Mittelalterspiele für die Kleinen, ganze Schulklassen begegnen uns. Wir drehen eine schnelle Runde und flüchten uns dann wieder einen Ring tiefer. Dennoch, insgesamt absolut sehenswert!

Stellplatz: Campingplatz La Cité (1 Nacht). Liegt in fußläufiger Entfernung zur Festung!

Carcassonne → Gorges de Galamus (75 Kilometer)

Am nächsten Morgen brechen wir nach dem Frühstück auf in den Nationalpark Gorges de Galamus in den Pyrénées-Orientales. Hier hat sich der Fluss Agly über Millionen Jahre hinweg spektakulär hunderte Meter tief in den Kalkstein gegraben. Die engste Stelle der Schlucht kann über eine oberhalb gelegene Straße mit dem Auto durchfahren werden, was sich richtig lohnt! Achtung: Die Straße ist wegen der Felsüberhänge nur zugelassen für eine maximale Fahrzeughöhe von 2,70 Metern und eine maximale Fahrzeugbreite von 2 Metern! Es lohnt sich, im Sommer sehr früh unterwegs zu sein, da es am späten Vormittag voll wird und der Verkehr dann reglementiert und nur noch als Einbahnstraße geführt wird.

Gorges de Galamus → Château de Quéribus (20 Kilometer)

Daher fahren wir gegen 12Uhr mittags weiter. Zunächst drehen wir eine Runde durchs sehenswerte Umland der Schlucht, um am Nachmittag, als das Licht wieder schöner wird, zur Katharerburg Quéribus zu fahren. Die Ruine dieser Höhenburg liegt in ziemlich imposanter Lage auf einer 728 Meter hohen Bergspitze! Über einen steil ansteigenden Wanderpfad erreichst du von einem Parkplatz aus in etwa 15 Minuten die mehreren verwinkelten Vorhöfe und seitlichen Gebäude der Burg, von denen aus damals Eindringlinge in Schach gehalten werden konnten. Auf dem höchsten Punkt der Burganlage steht der mächtige Wohnturm, von dessen Plattform aus sich uns ein fantastischer 360°-Blick auf die umliegende Berglandschaft der Corbières eröffnet. Um nicht nur das Panorama, sondern auch die gesamte Burg gut fotografieren zu können, steigen wir nach dem Besuch des Wohnturms noch auf einen gegenüberliegen Berg. Ein schmaler Pfad führt uns vor der Anlage hinauf – großartig!

Stellplatz: Die Nacht verbringen wir auf einem wilden Stellplatz (Chemin de la Saline) in Sichtweite der Burg (1 Nacht).

Château de Quéribus → Les Orgues d´Ille-sur-Têt (40 Kilometer)

Ein weiterer landschaftlicher Höhepunkt wartet direkt am nächsten Tag auf uns in Ille-sur-Têt, die markante Gesteinsformation der Orgues (deutsch: Orgeln). Diese Orgelpfeifen ähnelnden Felsnadeln bestehen aus Sandstein und Ton und werden seit über fünf Millionen Jahren vom Regenwasser ausgewaschen. Da die Erosion weiter anhält, sind die Orgues eine endliche Attraktion. Ein etwa einstündiger Rundweg führt uns vom Parkplatz durch das Gebiet der Erdpyramiden. Und auch, wenn alles etwas kleiner ist, als ich es mir im Vorhinein vorgestellt habe, lohnt sich ein Besuch unbedingt!

Stellplatz: Camping des Éscoumes in Vinça (1 Nacht).

Les Orgues d´Ille-sur-Têt → Parc Natural Cap de Creus (100 Kilometer)

Heute überqueren wir die Grenze nach Spanien und fahren ans Mittelmeer auf die Halbinsel Cap de Creus. Hier, am östlichsten Punkt der iberischen Halbinsel, fallen die Ausläufer der Pyrenäen ins Mittelmeer. Die raue Landschaft im Naturpark Cap de Creus ist ebenfalls durch Erosion entstanden, vor allem durch die starken Tramuntana-Winde, die zum Teil bizarre Felsformationen gebildet haben. Leider haben wir während unseres Besuchs der Halbinsel Pech mit dem Wetter und können nur einen kurzen Spaziergang an der Küste unternehmen, bevor wir uns vor einem heftigen Gewitter wieder ins Auto flüchten.

Achtung: Während der Sommermonate ist die Straße zum Cap de Creus ab Portlligat für den Individualverkehr gesperrt. Es verkehrt ein Bus.

Stellplatz: Campingplatz Can Coromines (1 Nacht).

Parc Natural Cap de Creus → Parc Natural de la Zona Vulcànica de la Garrotxa (75 Kilometer)

Die durch vulkanische Aktivität geprägte Landschaft im Naturpark Garrotxa erleben wir am Folgetag während einer etwa 12 Kilometer langen Wanderung. Dafür parken wir Samu auf dem Parkplatz beim Vulkan Santa Margarida, um danach dem als Ruta 1 markierten Wanderweg zu folgen. Dieser führt zunächst in den Krater des Vulkans Santa Margarida, in dem heute eine kleine Kapelle steht, dann weiter durch Wälder und Wiesen in einer großen Runde vorbei am Vulkan del Croscat. Die Region erinnert uns landschaftlich sehr an die Eifel in Deutschland, nicht besonders spektakulär, aber traumhaft grün und schön zu laufen. Für die gesamte Strecke benötigen wir ungefähr 3 Stunden.

Quartier: Hostal de Bianya (1 Nacht). Tolles Abend-Menü im Hostal, super nette Betreiber, große Empfehlung!

Parc Natural de la Zona Vulcànica de la Garrotxa → Estanys de Tristaina (170 Kilometer)

Weiter geht’s nach Andorra. Da ich ja bekanntlich Länder sammele, musste der kleine souveräne Pyrenäen-Staat natürlich mit auf die Reiseliste. Die nahezu alle identisch aussehenden Orte mit großen Hotelbettenburgen, die überwiegend auf den winterlichen Skitourismus ausgelegt sind, lassen wir links liegen. Was sich in Andorra wirklich lohnt, ist die grandiose Bergwelt! Also verbringen wir die Nacht auf 2500 Metern bei kalten 3 Grad oberhalb der Skistation Ordino Arcalis, um früh am Morgen zu den drei Bergseen Estanys de Tristaina zu wandern – einfach traumhaft und unser Highlight in Andorra!

Tipp: Alle unsere Andorra Tipps bekommst du hier.

Estanys de Tristaina → Aigüestortes Nationalpark (185 Kilometer)

Über den sogenannten Schmugglerpfad, eine relativ ruppige Offroad-Piste, verlassen wir Andorra und fahren wieder zurück nach Spanien. Hier steht in den kommenden Tagen die Bergwelt des Aigüestortes NP auf unserem Programm. Von Caldes de Boi aus, dort ist der Westeingang des Nationalparks, unternehmen wir mehrere Wanderungen in die traumhafte Landschaft mit zahlreichen Flüssen, Wasserfällen und Bergseen.

Quartier: Apartaments la Peguera (3 Nächte).

Tipp: Kaffee & Brunch im „Lola Coffee + Brunch“ in Barruera!

Aigüestortes Nationalpark → Ordesa Nationalpark (140 Kilometer)

Für mich landschaftlich der unübertroffene Höhepunkt unserer Reise durch die Pyrenäen ist die nächste Station, der Ordesa Nationalpark. Bereits aus dem Ort Torla-Ordesa hat man einen spektakulären Blick auf das Ordesa-Massiv. Noch besser wird es auf der Wanderung zum Cola de Caballo, einem Wasserfall im Nationalpark. Die insgesamt 20 Kilometer-Tour (ca. 6h) hat es zwar in sich, die grandiosen Ausblicke unterwegs entschädigen jedoch für alle Strapazen.

Tipp: Der Nationalpark ist für den Individualverkehr gesperrt! Ab 6 Uhr am Morgen verkehren Busse aus Torla-Ordesa. Wir haben den 7Uhr-Bus genommen und hatten dadurch den Wanderweg fast für uns alleine.

Stellplatz: Campingplatz San Antón (3 Nächte).

Ordesa Nationalpark → Canfranc-Estación (75 Kilometer)

Zwei Täler weiter westlich von Torla-Ordesa steuern wir auf unserer Weiterfahrt einen sehr speziellen Lost Place an, den Bahnhof Canfranc. Ehemals ein überdimensionierter Palast aus Stein, Glas und Marmor, gebaut, damit Fahrgäste hier kurz vor der französischen Grenze von der spanischen Breitspurbahn auf die französische Züge, die auf der Normalspur unterwegs waren, umsteigen konnten, rotten das Hauptgebäude, angrenzende Hallen, Schienen und Züge seit der Schließung nach einem Brückeneinsturz auf der französischen Seite im Jahr 1970 vor sich hin. Auch wenn bereits seit 2007 Renovierungsarbeiten zum Erhalt des Bahnhofs laufen, wollten wir uns diesen Ort nicht entgehen lassen.

Tipp: Wir waren an einem Sonntag dort. Da wird nicht gearbeitet und man kann relativ ungestört über das Gelände streunen.

Canfranc-Estación → Kloster San Salvador de Leyre (90 Kilometer)

Nach vielen Tagen in der Natur wird es für uns mal wieder Zeit für ein bisschen Kultur. Daher quartieren wir uns für eine Nacht im Kloster San Salvador de Leyre ein. Hier kannst du nicht nur das älteste Klostergebäude Nordspaniens bewundern, sondern auch noch bei abend- und morgendlichen Gottesdiensten den gregorianischen Gesängen der Benediktiner-Mönche lauschen – ein wirklich eindrucksvolles Erlebnis.

Quartier: Hotel Monasterio de Leyre (1 Nacht), ein dem Kloster angeschlossenes Hotel mit eigenem Restaurant.

Tipp: In der näheren Umgebung des Klosters lohnt sich außerdem ein Besuch des Stausees Embalse de Yesa und der Schluchten Foz de Lumbier sowie Foz de Arbayún. Und für Freunde von Lost Places das verlassene Dorf Tiermas!

Kloster San Salvador de Leyre → San Sebastián (140 Kilometer)

Nach über 1000 gefahrenen Kilometern in den Pyrenäen erreichen wir den Atlantik in San Sebastián. Die traumhaft gelegene Stadt ist durch ihre berühmten Stadtstrände Playa de la Concha und Playa de Ondarreta vor allem bei Surfern beliebt. Alle anderen Touristen kommen wegen der kulinarischen Vielfalt. Die weltweite größte Dichte an Michelin-Sternen hat San Sebastián zu bieten. Und in der Altstadt (Parte Vieja) mit ihren urigen, gepflasterten Gassen warten die beliebten Pintxos-Bars mit lokalen Weinen, Cidre und regionalen Mini-Spezialitäten. Hier lassen wir es uns zwei Tage gut gehen, spazieren entlang der malerischen Uferpromenade, gucken Leute und laufen auf den Mount Urgull, um das Panorama von Stadt und Atlantik zu genießen.

Quartier: Heredad de Unanue (3 Nächte). Bestes Hotel der gesamten Reise!

San Sebastián → Parc national des Pyrénées (240 Kilometer)

Die letzte Station unseres Roadtrips durch die Pyrenäen liegt wieder in Frankreich, der Pyrenäen Nationalpark auf der Nordseite der Gebirgskette. Als Ausgangsort wählen wir Cauterets in der Nähe der berühmten Brücke Pond d´Espagne. Von hier unternehmen wir u.a. eine wahnsinnig anstrengende, aber ganz tolle 15 Kilometer Wanderung entlang dem tiefblauen Lac de Gaube bis hinauf zum Oulettes-Gletscher unterhalb des Vignemale-Massif, des höchsten Punktes der französischen Pyrenäen. Des weiteren lohnt sich ein Besuch des beeindruckenden Felsenkessels Cirque du Gavarnie sowie des Pic du Midi de Bigorre. Noch einmal traumhafte Seenlandschaft kannst du im Réserve naturelle nationale du Néouville erleben.

Stellplatz: Campingplatz GR10 (2 Nächte).

Fazit:

Die Pyrenäen sind eine wirklich spektakuläre, wilde Bergregion in Europa. Und das beste daran ist, dass sie viel weniger überlaufen sind als die vergleichbare Region der Alpen! Wenn du also die Berge, das Wandern und/oder Offroad-Fahren liebst, bist du hier genau richtig. Von der zeitlichen Planung waren die 3 Wochen vor Ort ideal. Oft kommt man über enge, kurvenreiche Bergstraßen nur sehr langsam voran, und zwischendurch braucht man ja auch einfach Zeit, um die Landschaft zu genießen. Daher war ich unterwegs auch froh, dass wir im Vergleich zu unseren Roadtrips der vergangenen Jahre in diesem Jahr nur verhältnismäßig kurze Etappen zu fahren hatten.

Wissenswertes:

Reisezeitraum? 4.-25. Juli 2021

Route? Carcassonne – Gorges de Galamus – Château de Quéribus – Les Orgues d´Ille-sur-Têt – Parc natural Cap de Creus – Parc Natural de la Zona Vulcànica de la Garrotxa – Andorra – Aigüestortes NP – Ordesa NP – Kloster San Salvador de Leyre – San Sebastián – Parc national des Pyrénées

Stellplätze/Quartiere? Die wenigen Quartiere, in denen wir übernachtet haben, habe ich alle vorab über das Portal booking.com gebucht. Alle Stellplätze/Campingplätze sind wir spontan angefahren. Oft suchen wir über die App park4night.

Maut-Gebühren? Darf man vor allem in Frankreich, aber auch in Spanien nicht unterschätzen! Insgesamt beliefen sich unsere bezahlten Gebühren entlang der Route auf 216€.

Gesamtkosten? Inklusive Sprit, Maut, Unterkünften, Campingplätzen, Verpflegung und Eintrittsgebühren haben wir auf diesem Roadtrip etwa 3000€ für zwei Personen ausgegeben.

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