Sorgfältig rückt der junge Mann seine Fliege zurecht und holt einen Strauß roter Rosen aus dem Kofferraum seines Wagens. Seine Angebetete, eine junge, blonde Ukrainerin in einem Blümchenkleid, wartet schon Eingangs der Bahnstrecke. Wir blicken den beiden einige Zeit hinterher, wie sie Händchen haltend, den Schienen folgend, in den vom angrenzenden Wald geformten grünen Tunnel spazieren, in dem er ihr vermutlich die Frage aller Fragen stellen wird. Ein anderes Paar kommt gut gelaunt auf den Parkplatz zurück. Sie hat anscheinend bereits „Ja“ gesagt.
So oder so ähnlich geht es nahe der ukrainischen Stadt Klewan täglich zu, denn in den vergangenen Jahren wurde eine alte Bahnstrecke zur Pilgerstätte für Romantiker. Als „Tunnel of Love“ wird die Märchenkulisse seither bezeichnet und zieht Liebespaare aus dem ganzen Land an.
Dieses Schauspiel wollen wir uns während unserer Reise durch die Ukraine im Sommer 2017 nicht entgehen lassen, weshalb auch wir die vier Kilometer lange, von dicht bewachsenem Laubwald umschlungene Bahnstrecke Klewan-Orschiw besuchen.
Die eingleisige, nicht elektrifizierte Strecke wird ausschließlich im Güterverkehr der holzverarbeitenden Industrie befahren, und das auch nur relativ selten. Von daher besteht also keine Gefahr für uns, während wir vom Parkplatz aus immer tiefer in den Wald vordringen, um ein paar Fotos ohne heiratswütige Liebespaare zu schießen. Gefährlicher und unangenehmer sind da schon die Mückenschwärme, die uns am späten Nachmittag massakrieren – ich empfehle, unbedingt Mückenschutz mitzunehmen!
Im Jahr 2009 nutzte der Fotograf Serhii Delidon den Tunnel als Hintergrund für Hochzeitsfotos. Das machte den Liebestunnel bald sehr beliebt, und das fotogene Motiv wurde über das Internet bekannt. So wurde auch ich darauf aufmerksam. 2014 nutzte Fujifilm die Location sogar für einen Werbespot, weitere Filmteams folgten, und der grüne Liebestunnel erhielt Kultstatus. Inzwischen werden sogar Fototapeten mit dem Motiv verkauft.
Ausländische Besucher gibt es nach unserer Beobachtung jedoch immer noch nur wenige, da das von Kiev aus 350 Kilometer im Westen liegende Dörfchen Klewan eigentlich nur mit dem eigenen Fahrzeug oder im Rahmen einer privat organisierten Tour erreicht werden kann. Für uns daher ein absolut besuchenswerter Ort im Nordwesten der Ukraine!
Wissenswertes:
→ Reisezeitraum? 20.-21. August 2017
→ Anreise? Wir waren mit dem eigenen Fahrzeug in der Ukraine unterwegs. Viele nützliche Reisetipps und Infos zum Grenzgang gebe ich dir hier. Mit öffentlichen Bussen ist eine langwierige Anreise von Kiev über die Orte Lutsk – Rivne – Klewan möglich.
→ beste Reisezeit? Wenn du den Tunnel of Love so grün wie auf meinen Fotos sehen willst, dann ist der Sommer (Juni-September) die richtige Reisezeit für dich. Im Herbst (Oktober-November) ist das Laub bunter. Der Winter ist vermutlich keine gute Reisezeit, da die Bäume dann braun und kahl sind.
→ Eintritt? Der Besuch des Tunnel of Love kostet keinen Eintritt!
→ Quartier? Wir sind im Hotel- und Restaurant-Komplex Skolmo untergekommen, einer sehr günstigen Ferienanlage in Klewan (22€/Nacht).
→ Sprache? In Klewan spricht niemand Englisch. Wir haben uns mit Hilfe von Daniels Serbo-Kroatisch, einigen russischen Vokabeln sowie mit Händen und Füßen verständigt.
Kennst du noch andere romantische Orte auf der Welt für Verliebte?
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