Ein stillgelegtes Schwimmbad fällt uns während unseres Rheinland-Pfalz-Roadtrips im Februar 2021 am Rande der Schnellstraße B41 beim Verlassen Idar-Obersteins ins Auge. Leider reagiere ich nicht schnell genug und verpasse daher die Möglichkeit, Samu am Straßenrand in einer kleinen Haltebucht so plötzlich zum Stehen zu bringen. Ich muss weiter fahren auf der sich immer weiter in die bergige Landschaft windenden Landstraße. Erst einige Kilometer später gibt es eine Möglichkeit zum Wenden. Geschlagene 30 Minuten kostet uns der Umweg, ist es doch gar nicht so leicht, eine genaue Eingangsstelle zum Schwimmbad zu finden. Doch nach einigem Suchen und Rumkurven halte ich tatsächlich vor dem abgeriegelten Eingangstor des Freibads. Erste Hürde geschafft.

Zum Glück klafft ein großes Loch im Zaun neben dem Tor, sodass auch die zweite Hürde, Zutritt zu dem heruntergekommenen Komplex zu bekommen, kein großes Problem darstellt. Mit Kameras und Stativ bewaffnet laufen wir die ehemalige Zufahrtsrampe hinunter und dann liegt er vor uns, ein Lost Place wie aus dem Bilderbuch.

Wir checken kurz die Lage: Ist das Schwimmbad tatsächlich verlassen oder haben sich hier womöglich Obdachlose eingerichtet? Könnten wir beobachtet werden? Ist das Gebäude intakt oder besteht die Gefahr, von herabstürzenden Gegenständen getroffen zu werden? Die Luft scheint rein zu sein, und wir beginnen schnell, solange wir ungestört sind, mit dem Fotografieren im Erdgeschoss des geschlossenen Gebäudeteils des Freibads, wo sich Umkleidekabinen und Spinde befinden. Der Farbkontrast blau-orange fasziniert Daniel immer besonders.

Auch die stark demolierte Küche und die Toilettenräume geben gute Motive ab, wie ich finde, und so arbeite ich mich allmählich von Raum zu Raum weiter. Mein Puls schlägt schneller vor Aufregung, denn auch wenn wir inzwischen schon viel Erfahrung beim Erkunden von Lost Places auf Reisen haben, habe ich immer noch die latente Angst, doch von jemandem oder etwas überrascht zu werden, was mich zu Tode erschrecken könnte.

Auch das ehemalige Kassenhäuschen ist fotografisch spannend, und vom ersten Obergeschoss des Gebäudes bekommt man einen guten Gesamtblick auf das ausgediente große Schwimmbecken des Freibads. Eröffnet im Juli 1960 war das Bad für jährlich über 50.000 Besucher ein beliebter Freizeitort in Idar-Oberstein.

Neben Startblöcken und einem Sprungturm ist außerdem ein Bademeister-Wachturm erhalten. Und auf einer tiefer liegenden Ebene gibt es ein Kinderbecken mit einer Rutsche.

Recherchen im Anschluss an unseren Besuch haben ergeben, dass das Freibad wohl etwa im Jahr 2004 schließen musste, nachdem entschieden wurde, nur noch ein Schwimmbad in Idar-Oberstein zu betreiben. Die Wahl fiel auf ein anderes Schwimmbad in Tiefenstein, welches inzwischen als Natur-Heilbad umgebaut wurde. Das Freibad Kammerwoog verfällt seither, und Schwimmbecken, Gebäude und Einrichtung rotten vor sich hin und werden nach und nach von der Natur zurück erobert. Immer wieder faszinierend!

Pinne diesen Beitrag auf Pinterest