Während das benachbarte La Serena herausgeputzt und touristisch daherkommt, ist Coquimbo das raue Gegenstück. Gebeutelt von einem schweren Erdbeben samt Tsunami im Jahr 2015, liegen viele Gebäude immer noch als Ruinen am Boden, Schiffswracks säumen die Küste, streunende Hunde laufen durch die hügeligen, treppenreichen Gassen, hier wohnt ganz klar der ärmere Bevölkerungsteil der Region. Dennoch, oder vielleicht gerade deswegen, und weil eben nicht viele Besucher Coquimbo auf ihrer Liste haben, entscheiden wir uns während unseres Roadtrips durch den Norden Chiles für einen Aufenthalt in der ehemals bedeutsamen Hafenstadt.

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Straßenzug im hügeligen Coquimbo.

Entdeckt vom Weltumsegler und Piraten Francis Drake, waren die Spanier um 1550 die ersten Siedler in der Bucht. Wegen vieler Bodenschätze in der Gegend wuchs Coquimbo relativ schnell durch Spanier und Engländer, deren Kolonialbauten auch noch heute im Barrio Ingles zu bewundern sind.

Wir quartieren uns für zwei Nächte etwas außerhalb der Stadt im „La Serena Beach Hostal“ mit tollem Blick auf den 10 Kilometer langen Sandstrand der Bucht von Coquimbo ein, und erkunden in den kommenden beiden Tagen zu Fuß mit unseren Kameras bewaffnet viele spannende Ecken der heutigen 250.000 Einwohner-Stadt.

Das historische Fort Lambert

Wir beginnen unseren Stadtrundgang am nördlichen Ende der Bucht von Coquimbo bei der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Festung Fort Lambert bzw. Fort Coquimbo.

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Außer einigen restaurierten Festungsmauern und einer Kanone gibt es nicht viel zu entdecken, das Fort spielt keine militärische Rolle mehr. Doch von hier hat man angeblich den besten Blick auf die gesamte Bucht von Coquimbo sowie auf die vorgelagerte kleine Insel Punta Pelicanos, auf der Pelikane nisten. Leider zieht uns diesiges Wetter einen Strich durch die Rechnung, und wir sehen heute nicht viel. Bei schönem Wetter soll sich aber wohl auch der Sonnenuntergang von hier sehr lohnen!

Überreste eines zerstörerischen Tsunamis

Schon unsere Hosts Patricio und Maria berichteten uns von den vielen Ruinen, zerstörten Kaimauern, verlassenen Bootshallen und Schiffswracks im Hafenbecken, die das Erdbeben und der anschließende Tsunami im September 2015 hinterließen. Jetzt, auf unserem Fußweg ins Zentrum von Coquimbo, werden wir mit dem Ausmaß der Zerstörung direkt konfrontiert. Wir laufen vorbei an mehreren völlig eingestürzten Gebäuden und sehen die beiden riesigen, modrigen Schiffswracks im Meerwasser verrotten.

Das Geld zum Wiederaufbau fehlt sichtbar an allen Ecken und Enden. Für Freunde von Lost Places ergeben sich dadurch jedoch einige interessante Fotomotive.

Der Hafen von Coquimbo

Danach machen wir uns auf Richtung Hafen. Coquimbo ist berühmt für Fisch und Meeresfrüchte. Jeden Morgen kurz vor Sonnenaufgang laufen die Fischer mit ihren bunten Booten in die Weiten des Pazifiks aus, um danach ihr großes Angebot fangfrischer Ware an den Marktständen vor dem Hafen sowie in den vielen kleinen Restaurants feilzubieten. Wir beobachten Männer dabei, wie sie meterlange Schwertfische mit großen Messern bearbeiten. Der Geruch von Fisch liegt in der Luft und kreischende Möwen und bellende Straßenhunde versuchen währenddessen einen Happen Fischabfall abzugreifen. Alltagsszenen, wie wir sie lieben!

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Tipp: Wenn du aus hygienischen Gründen nichts an den abgenutzten Tischen der unzähligen Restaurants am Hafen probieren möchtest, empfehle ich ein typisches Almuerzo (span. für Mittagstisch) in einem Laden an der Restaurantmeile der Avenida del Mar. Auch hier bekommst du exzellentes Seafood!

Das koloniale Viertel Barrio Ingles

Entlang der Avenida Aldunate und in den angrenzenden Straßenzügen liegen die kolonialen Hinterlassenschaften der Engländer: alte, ehemalige englische Villen aus dem 18. Jahrhundert. Wir flanieren im Anschluss an unseren Hafenbesuch an den charmanten, bunten Häusern des ruhigen Viertels vorbei. Der Zahn der Zeit nagt an den Fassaden, hier und da blättert der Putz. Abends wird das Viertel wohl zur Ausgehmeile und zum Szenetreff junger Leute.

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Tagsüber hingegen lohnt sich ein Besuch in der Galerie Casa de las Artes, in der Fotoausstellungen gezeigt werden. Und inzwischen hungrig vom Sightseeing, nehmen wir im kleinen Café im pittoresken Innenhof des Gebäudes ein zweites Frühstück ein.

Das größte katholische Bauwerk Südamerikas

Nach dem Besuch der Altstadt holen wir unseren Wagen und fahren hinauf zu Coquimbos Wahrzeichen, dem mächtigen Cruz del Tercer Milenio. Das riesige Beton-Monument, welches eins der größten katholischen Bauwerke des südamerikanischen Kontinents ist, thront 300 Meter über der Stadt auf einem Hügel.

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93 Meter hoch und 40 Meter breit ist das beeindruckende Werk der Architekten Carlos Aguirre Mandiola, Carlos Baeza, Juan Pablo Gayani und Álvaro Páez Rivera. Im Jahr 2000 fertig gestellt, ist es seither ein wichtiger Wallfahrtsort. Mich erinnert es eher an einen brutalistischen Bau der Sowjets, aber gut – immerhin hat man von der Aussichtsplattform, die man mit Hilfe eines Aufzugs erreicht, einen spektakulären 360°-Blick über ganz Coquimbo!

Öffnungszeiten: Mo-So 9.30-18Uhr
Eintritt: 2000 Cps

Tipp: Einige Hügel enfernt thront das muslimische Gegenstück, die Moschee La Mezquita, deren Besichtigung sich ebenfalls lohnen soll (Eintritt frei!).

Der Stadtstrand Playa Coquimbo

Ein richtiges Highlight ist der etwa 10 Kilometer lange Sandstrand, der sich zwischen Coquimbo und La Serena erstreckt. Der Playa Coquimbo lädt uns am zweiten Tag zu einem ausgedehnten Strand-Spaziergang ein. Im chilenischen Sommer eignet er sich sicher auch hervorragend zum ausgiebigen Sonnenbaden. Dafür müssten wir allerdings noch einmal zur entsprechenden Jahreszeit wiederkommen.

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Sonnenuntergang über der Playa Coquimbo.

Tipp: 15 Kilometer südlich der Stadt liegt der Playa Totoralillo, einer der schönsten Strände Chiles.

Wissenswertes:

Reisezeitraum? 22.-24. August 2019

Anreise? Wenn du nicht wie wir mit dem Mietwagen unterwegs bist, fährst du am besten mit dem Nachtbus von Santiago nach La Serena. Von dort fährt der Microbus oder ein Taxi ins nur 15 Kilometer entfernte Coquimbo.

Unterkunft? Wir haben im „La Serena Beach Hostal“ gewohnt, das ziemlich genau zwischen den Städten Coquimbo und La Serena direkt an der Strandpromenade liegt. Es ist eine typische Backpacker Unterkunft, wir waren im August allerdings die einzigen Gäste. Der Meerblick ist fantastisch, die Hosts total sympathisch, die Ausstattung sehr einfach bis etwas heruntergekommen.

Preise? Chile ist ein wirklich teures Reiseland, vor allem gemessen an südamerikanischen Einkommensverhältnissen. Beim Tanken und Essen gehen im Restaurant zahlst du europäische Preise. Günstiger sind kleine Märkte und Straßenstände, wie die am Hafen. Für die Unterkünfte haben wir durchschnittlich $60 pro Nacht bezahlt.

Sicherheit? Tagsüber haben wir uns in Coquimbo überall wohl und sicher gefühlt. Nach Einbruch der Dunkelheit solltest du jedoch vorsichtig sein: Bewege dich nur auf den belebteren Hauptstraßen im Zentrum und meide die Hügel! Dort lauert die Gefahr eines Überfalls auf Touristen.

Unbedingt probieren? Den fangfrischen Fisch, wie Reineita (Flunder), Congrio (Seeaal), und Merluza (Seehecht). Außerdem Ceviche, ein beliebtes peruanisches Fischgericht aus rohem Fisch, Zwiebeln und Limetten, sowie die typische Fischsuppe Paila Marina, bestehend aus Muscheln, Krebsfleisch und Shrimps.

Warst du auch schonmal in Coquimbo und hast noch weitere Tipps?
Hinterlasse mir gerne eine Kommentar! Deine Julia

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