Ein paar Kilometer außerhalb der småländischen Ortschaft Ryd in Süd-Schweden liegt ein ganz besonderer Lost Place, ein Autofriedhof mit weit über 100 Autowracks, die im Wald vor sich hin rosten und rotten. Bereits vor einigen Jahren hatte ich Fotos dieses apokalyptisch anmutenden Ortes gesehen und war sofort fasziniert. Daher stand für uns als große Freunde solch verlassener Orte schnell fest, dass wir Kyrkö Mosse besuchen wollen. Während unseres zweiwöchigen Winter-Roadtrips durch Schweden Anfang Februar 2023 war es nun soweit.

Wir parken Samu auf dem kleinen Schotter-Parkplatz mit dem Schild „Bilkyrkogården Kyrkö Mosse“ am Rande der Landstraße 119. Die Luft ist eiskalt und feucht, Schnee ist angekündigt, als wir dem schmalen Weg in den Wald folgen, in dem der Autofriedhof liegt. Der morastige, mit Pfützen übersäte Boden, Kyrkö Mosse ist eigentlich der Name des hier liegenden Moores, ist halb gefroren und wir müssen aufpassen, nicht auszurutschen und in den braunen Schlamm zu fallen. Wir sind völlig alleine an diesem grauen Winter-Vormittag und ich empfinde es dadurch tatsächlich als ein bisschen unheimlich. Mein Puls schlägt schneller vor Aufregung, als wir die ersten Autowracks nach ein paar hundert Metern erblicken.

Links und rechts des Weges liegen verblasste, eingefallen rostige, zerfledderte Volvos, Saabs, Volkswagen und Renaults, aber auch ein Traktor und kleinere Transporter wie z.B. ein alter Bäckerwagen. Auf den Dächern der Fahrzeuge breiten sich Moosteppiche aus, längst haben sich Farne und Nadelbäume in und auf den Fahrzeugen angesiedelt. Die Natur erobert sich eben nach und nach alles zurück, wie wir es schon bei so vielen anderen Lost Places beobachtet haben.

Nach etwa einem Kilometer des Waldwegs erreichen wir eine kleine, rot getünchte Holzhütte. Eine Info-Tafel macht uns darauf aufmerksam, dass hier Åke Danielsson lebte. Er, der zunächst im Moor Kyrkö Mosse nur Torf gewann, widmete sich später seit den 50er Jahren der Verwertung von Autos. Die ausgeschlachteten Wracks ließ er einfach rund um sein Wohnhaus im Wald stehen. Auch viele Bewohner der umliegenden Orte brachten ihre alten, rostigen Autos zu Åke, der die noch brauchbaren Teile wie Anlasser oder Generatoren aus den Wagen ausbaute, um sie weiter zu verkaufen. Dieses Geschäft betrieb er bis zum Ende der 80er Jahre.1992 zog er dann in ein Altersheim, wo er im Jahre 2000 starb.

Neben der verfallenen Werkstatt von Åke fällt mir schon von weitem das wahrscheinlich auffälligste Fahrzeug des gesamten Geländes ins Auge, ein riesiger, hellblauer Saab-Linienbus aus den 50er Jahren. Etwas traurig liegt er da, wie ein gestrandeter Wal.

Auch jenseits der Werkstatt liegen noch diverse Fahrzeuge zwischen Kiefernbäumen im Moorboden. Das Ausmaß des Autofriedhofs Kyrkö Mosse übertrifft alle meine Vorstellungen! Langsam kriecht uns die Kälte in die Knochen, da wir bereits seit etwa zwei Stunden durch den Wald laufen und begeistert unsere Kameras schwingen. Daher treten wir bald den Rückzug an.

Zurück bei Samu recherchiere ich ein bisschen zur Geschichte Kyrkö Mosses und erfahre, dass die Schrottansammlung im Wald, nachdem Åke den Autofriedhof 1992 verlassen hatte, zunächst als großes Umweltproblem wahrgenommen wurde. Doch die Bergung aller Wracks aus dem Moor war den Behörden zu aufwendig und kompliziert. Daher folgten sie der Idee einiger engagierter Bürger, die den kulturhistorischen Wert der alten Fahrzeuge erkannten, Kyrkö Mosse als Kulturstätte zu vermarkten. Und so steht der Autofriedhof Kyrkö Mosse nun bis zum Jahr 2050 unter Schutz. Bis dahin, so nimmt man an, werden die Autos auf natürlichem Wege zerfallen sein.

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