Schon länger stand die Slowakei auf unserer Reisewunschliste. Während die Hohe Tatra, ein Gebirgszug im Norden des kleinen osteuropäischen EU-Landes, vielen Leuten und auch mir ein Begriff ist, sagte mir der Slovensky Raj Nationalpark erst einmal gar nichts. Damit stehen die Chancen meist nicht schlecht, dass wir diesen bei westlichen Touristen anscheinend unbekannten Ort kennenlernen wollen. Und nach ein bisschen Recherche konnte ich noch weniger fassen, dass dieser traumhafte Flecken Erde, der das Wort Paradies (slowak. Raj) tatsächlich im Namen trägt und mit verwunschenen Schluchten, tiefblauen Badeseen und einzigartigen Höhlen aufwartet, nicht viel beliebter ist. Somit stand schnell fest, dass wir das Slowakische Paradies während unseres Tschechien-Slowakei-Roadtrips im Sommer 2022 besuchen würden.

Das 800-1100 Meter hohe Gebirge Slovensky Raj liegt ziemlich genau im Zentrum der Slowakei. Es wird durch den Nationalpark Slowakisches Paradies geschützt, der mehr als 200 km² Fläche umfasst. Der Nationalpark ist geprägt durch zahlreiche Schluchten und kleinere Wasserfälle, in denen zum Teil spektakuläre Wanderwege mit freistehenden Leitern angelegt wurden. Unsere ganz persönlichen Highlights stelle ich dir nun im folgenden Beitrag vor:

1. Abenteuerliche Wanderung durch die Schlucht Sucha Belá

Am ersten Tag unseres Aufenthalts im Slowakischen Paradies unternehmen wir direkt eine der spektakulärsten und beliebtesten Wanderungen im Nationalpark, die durch den Sucha Belá Canyon. Die Tour durch die 3 Kilometer lange Schlucht beginnt beim Örtchen Podlesok, in direkter Nachbarschaft zu unserem Campingplatz. Um die Schlucht noch ganz für uns alleine zu haben, sind wir bereits um 8.30Uhr an ihrem „Eingang“, wo wir an einem kleinen Kassenhäuschen 1,50€ Gebühr pro Person entrichten. Danach geht es zunächst relativ gemütlich, aber direkt wunderschön durch das jetzt im Sommer fast ausgetrocknete Flussbett. Hier und da überqueren wir kleinere Holz-Stege und Holz-Leitern, was uns keine größeren Schwierigkeiten bereitet. In der Schlucht ist es auch im Hochsommer angenehm kühl und schattig, und wir genießen diesen ersten Abschnitt der Wanderung sehr.

Stetig bergauf laufen wir immer weiter bis wir nach etwa 30 Minuten den Misové Wasserfall erreichen. Hier endet die Gemütlichkeit der Tour abrupt, denn nun beginnt die Kletterei an den oben bereits erwähnten freistehenden Eisen-Leitern. Das Eisen ist kalt und die Trittstufen sind recht schmal, zum Teil nass und dadurch rutschig. Manche Leitern führen ohne Sicherung 15 Meter senkrecht in die Höhe, sodass ich mich auch ohne Höhenangst hier und da richtig überwinden muss weiter zu klettern, Abenteuer und Adrenalin-Kick pur!

Wir nehmen uns viel Zeit zum Filmen und Fotografieren, sodass wir auch bald von den ersten anderen Wanderern eingeholt werden. Beim Korytkovy Wasserfall krakseln wir entlang in den Fels geschlagener Metall-Stufen durch die engste Stelle der Schlucht. Die Felsen rechts und links lassen hier nur einen etwa 1,5 Meter breiten Spalt. Das ist definitiv nichts für Klaustrophobiker!

Nach etwa 1,5 Stunden ist der schwierigste Abschnitt der Tour allerdings geschafft und wir wandern wieder durch das breitere Flussbett bis zum Ausgang der Schlucht. Dieser liegt immerhin 760 Meter höher als der Eingang!

Ausgangs der Schlucht hast du zwei Möglichkeiten für den Rückweg nach Podlesok, denn die Schluchten im Slovensky Raj Nationalpark sind grundsätzlich Einbahnstraßen von unten nach oben! Entweder du läufst also die Straße rechter Hand zurück ins Tal oder du wählst den Weg links herum. Dort gibt es im Sommer wohl eigentlich auch die Möglichkeit, Mountainbikes zu mieten und damit zurück zu fahren. Vielleicht waren wir zu früh am Tag unterwegs, wir haben nämlich keine Mountainbikes gesehen und sind zurück nach Podlesok gelaufen. Erst auf dem zum Teil steil bergab führenden Rückweg über Schotter- und Waldwege merken wir, wieviele Höhenmeter wir auf dem Hinweg durch die Schlucht gemacht haben! Nach insgesamt etwa 3,5 Stunden, 10 Kilometern und 1520 überwundenen Höhenmetern sind wir ziemlich kaputt aber glücklich zurück in Podlesok. Was für eine großartige Tour!

Weitere Schluchten: Der Slovensky Raj NP bietet noch weitere spektakuläre Schluchten, die man durchwandern kann. Die längste Schlucht mit etwas mehr als 5 Kilometern ist die Velky-Sokol-Schlucht. Die Schlucht mit den höchsten Leitern ist die Piecky-Schlucht. Dann wären da noch die beiden Kysel-Schluchten und außerdem die mit nur einem Kilometer kürzeste Schlucht, die sogenannte Kloster-Schlucht.

2. Die Dobschauer Eishöhle

Am zweiten Tag im Slowakischen Paradies fahren wir von Podlesok aus zur Eishöhle von Dobsiná, die seit 2000 zum UNESCO-Naturerbe gehört. Sie zählt zu den größten und interessantesten Eishöhlen der wenigen Eishöhlen Europas. Mit einer Länge von 1480 Metern und einer Eisfläche von insgesamt 9770 m² haben hier in den 50er Jahren die tschechoslowakischen Eiskunstläufer und sogar die Eishockey-Nationalmannschaft unter der Erde trainiert. Heute kann man die Eishöhle zwischen Mai und September in einer 30-minütigen Führung besichtigen und das bis zu 26 Meter dicke Bodeneis sowie beleuchtete Eisstalagmiten, Eisstalagtiten und Eissäulen bewundern.

Vom großen Parkplatz an der Hauptstraße laufen wir zunächst 20 Minuten bergauf zum Eingang der Eishöhle. Dort gibt es ein Ticket-Office (Eintritt 10€ p.P.) für die alle 30 Minuten stattfindenden Touren. Wir schaffen die 11Uhr-Tour, und auch wenn die Führung ausschließlich auf slowakisch stattfindet, lohnt sich der Besuch sehr. Die Eishöhle ist absolut faszinierend, ein magischer Ort!

Achtung: Neben der Eintrittsgebühr von 10€ pro Person musst du auch noch eine Fotogebühr von 10€ entrichten, wenn du Fotografieren möchtest. Die Durchschnittstemperatur in der Eishöhle beträgt ganzjährig -4 bis 0°C! Du solltest dich also warm anziehen und festes Schuhwerk tragen, auch oder vor allem wenn draußen Hochsommer herrscht.

3. Der Lost Place „Hotel Jas“

Nach der Besichtigung der Eishöhle fällt uns auf dem Rückweg zum Parkplatz auf der rechten Seite die Ruine eines Hotelgebäudes auf. Als Freunde solcher verlassener Orte, sogenannter Lost Places, müssen wir uns das Gebäude natürlich genauer anschauen. Die Eingangstür des Hotel Jas steht offen. Und auch das Hinweisschild darauf, dass das verlassene Hotel angeblich Videoüberwacht wird, kann uns nicht davon abhalten, ins Innere einzudringen. Auf zwei Etagen erstrecken sich Flure rechts und links des Einganges mit etwa jeweils 20 Zimmern. Kaputtes Mobiliar, Glasscherben und zurückgelassene Gegenstände aus einer längst vergangenen Zeit entdecken wir darin und schwingen begeistert die Kamera. Ich bin einfach immer wieder fasziniert von solchen Orten.

4. Der Badesee Palcmanska Masa in Dedinky

Zum Abschluss unseres wunderschönen Aufenthalts im Slowakischen Paradies machen wir am dritten Tag noch einen Ausflug ins kleine Örtchen Dedinky. Die Gemeinde mit nur 250 Einwohnern ist ein kleiner Erholungsort im Nationalpark und liegt direkt am Rand des 1956 angelegten Stausees Palcmanska Masa. Hier genießen wir Sonne und See am ortseigenen Badestrand und deftige slowakische Küche auf der rustikalen Terrasse des Restaurants Pelle. Ebenfalls ein idealer Ort, um ein paar Tage den europäischen Sommer zu genießen!

Wissenswertes:

Reisezeitraum? 17.-19. Juli 2022

Anreise? Der Nationalpark Slovensky Raj liegt nur etwa 35 Kilometer südlich der Hohen Tatra im Zentrum der Slowakei. Die nächste größere Stadt ist Poprad. Aus der Hauptstadt Bratislava ist man mit dem PKW etwa 4 Stunden Richtung Osten unterwegs. Ich empfehle, mit einem Auto oder Camper anzureisen, auch um vor Ort flexibel zu sein.

Stellplatz/Quartier? Wir haben zwei Nächte auf dem Campingplatz in Podlesok mitten im Nationalpark verbracht. Das Gelände des „Autocamping Podlesok“ ist sehr weitläufig, Toiletten und Duschen sind sauber und man ist wirklich direkt am Ausgangspunkt für die Wanderung in die Schlucht Sucha Bela. Auf dem Campingplatz werden auch einige einfache Hütten vermietet. Außerdem gibt es in der Nähe das Haus „Chata Podlesok“ in dem meine Eltern gewohnt haben, das ich ebenfalls sehr empfehlen kann.

Unser Pickup-Camper Samu auf dem Campingplatz in Podlesok.

Zugänge und Parken? Jede Schlucht im Slovensky Raj Nationalpark hat ihren eigenen Zugang und kostenpflichtigen Parkplatz. In der Hochsaison und hier vor allem am Wochenende ist es ratsam, vor 9 Uhr vor Ort zu sein, da die Parkplätze natürlich begrenzt sind und viele Einheimische zum Wandern in den Nationalpark strömen.

ideale Aufenthaltsdauer? Im Slovensky Raj Nationalpark kann man gut und gerne eine Woche Zeit verbringen, um die verschiedenen Schluchten zu erwandern oder einfach nur am See und in der Natur bei äußerst angenehmem Klima zu entspannen.

Restaurant-Tipp? Wir haben in Podlesok mehrfach im Restaurant Poniklec auf der Terasse gesessen, gegessen und getrunken. Herzliche Atmosphäre und sehr gute Küche zu relativ kleinen Preisen. Absolut zu empfehlen!

Unbedingt probieren? Das slowakische Nationalgericht Bryndzové halusky (deutsch: Brimsennocken). Die Nocken werden aus Kartoffeln und Mehl gemacht, die in einer Pfanne mit geschmolzenem, traditionellem slowakischen Käse Bryndza vermischt werden. Das Gericht wird mit Speck und Schmand serviert. Es erinnert ein bisschen an Käsespätzle, liegt genauso schwer im Magen, schmeckt aber durchaus anders.

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