Wie eine Oase in der Wüste empfängt uns Odessa, die ukrainische Hafenstadt, die auch als Perle am Schwarzen Meer bezeichnet wird. Es weht ein erfrischender Wind vom Meer herauf, die Straßen und Häuser wirken gepflegt und der Verkehr ist geradezu harmlos. Nach Wochen der trockenen, staubigen Sommerhitze in verschiedenen Balkan-Staaten und dem Horror-Grenzübergang in die Ukraine (Grenzgang Ukraine – Ein- und Ausreise-Guide für Selbstfahrer), freuen wir uns auf ein bisschen Erholung und wollen es uns einfach nur gut gehen lassen.

Wir quartieren uns für zwei Nächte im zentral gelegenen Potemkinn Hotel ein, Suite mit Frühstück für 60€ die Nacht. Unser Wagen bekommt einen Parkplatz im Innenhof, direkt vor der Tür, ein absoluter Volltreffer.

Daniel und ich schauen uns an und grinsen. Eigentlich war Odessa gar nicht auf unserer Route geplant. Vielmehr wollten wir das sonderbare Staatengebilde Transnistrien besuchen. Die Einreise mit dem eigenen Fahrzeug erschien uns dann aber doch zu kompliziert und riskant, und nun waren wir hier, nur etwa 150 Kilometer Luftlinie entfernt von der derzeit für Touristen unzugänglichen Halbinsel Krim. Ist es hier etwa gefährlich, sind wir nun doch zu nah dran an der Krisenregion Ost-Ukraine?

Wir machen uns zu Fuß auf, die Stadt zu erkunden, und schon sehr bald verflüchtigen sich unsere Gedanken an Krieg, Gefahr und Krise, denn Odessa ist ein wahres Juwel für einen romantischen Städtetrip zu zweit, und ich möchte euch die Stadt anhand meiner folgenden 11 Insidertipps unbedingt ans Herz legen:

#1 Das Opernhaus Odessa

Das „Akademische Nationale Theater für Oper und Ballett Odessa“ ist eins der Wahrzeichen der Stadt. Das im Herbst 1887 eröffnete und im neubarocken Stil gehaltene Gebäude wurde vom Wiener Architekturbüro Fellner & Helmer geplant. Es ist mit zahlreichen Skulpturen geschmückt.

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Gebäude des Opernhauses in Odessa.

Passend zum baulichen Ambiente sind die Aufführungen sehr traditionell gehalten. Von „Schwanensee“, „Die Schöne und das Biest“ über „La Bohème“ bis „Carmen“ werden hier die üblichen Klassiker aufgeführt. Wer keine Vorstellung besuchen möchte, kann sich das Innere des Theaters auch während einer Führung anschauen.

#2 Mit der Kutsche durch Odessas Altstadt

Vor dem Opernhaus stehen, passend zum Wiener-Stil des Gebäudes, zahlreiche weiße Kutschen bereit, Besucher durch die Altstadt zu bringen. Der Preis ist selbstverständlich Verhandlungssache.

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Romantische Kutschfahrt gefällig?

Uns ist das hier allerdings alles etwas zu touristisch und wir ziehen relativ schnell weiter.

#3 Die Potemkinsche Treppe

Die berühmteste Treppe der Welt, bekannt durch S. Eisensteins Stummfilm „Panzerkreuzer Potemkin“ (1925), verbindet die auf einem Plateau liegende Innenstadt Odessas mit dem Hafen. Errichtet Mitte des 19. Jahrhunderts, sind die 192 Stufen heute eines der Wahrzeichen der Stadt.

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Die berühmte Potemkinsche Treppe.

Hier treffen sich jung und alt, Familien, Paare, Reisende wie Einheimische. Ein idealer Ort um sich nieder zu lassen, Menschen zu gucken und den Blick über den riesigen Seehafen schweifen zu lassen.

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Natürlich darf das obligatorische Selfie an einem solch´ berühmten Ort nicht fehlen 😀

#4 Odessa Marine Trade Port

Habt ihr keine Lust mehr, Menschen zu gucken, oder möchtet ihr am Abend den perfekten Sonnenuntergangs-Spot, lauft einfach hinunter zum Passagierterminal des Hafens.

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Blick vom Passagierterminal auf das riesige Hafengelände.

Auch als Nicht-Passagier hat man freien Zugang zum 1370 Meter langen Pier, an dem theoretisch fünf Schiffe gleichzeitig anlegen können. Der Baukomplex hat, neben Bars, eine Mehrzweckhalle für Konzerte und Ausstellungen, Museen, eine Tauchbasis, eine Kirche, ein Vier-Sterne-Hotel mit Restaurants, sowie ganz am Ende des Piers einen kleinen Yachthafen.

Wir genießen hier, nachdem wir den Pier einmal komplett abgelaufen sind, einen wunderschönen Sonnenuntergang vor der spektakulären Kulisse der Kräne des Containerterminals.

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Sonnenuntergang im Hafen von Odessa.

#5 Am Abend: City Garden

Danach laufen wir zurück hinauf in die Stadt und entdecken durch eine Restaurant-Empfehlung den City Garden, ein kleines, grünes Paradies mitten in der Innenstadt.

Ich fühle mich wie nach Paris versetzt, als wir uns im Restaurant „Jardin“ in einem der gemütlichen, romantischen Freisitze bei Kerzenschein niederlassen.

Große Empfehlung, am besten vorab reservieren!

In der Mitte des Parks befindet sich außerdem der Licht- und Musik-Brunnen. Bis spät in den Abend spielen hier zahlreiche Kinder, und es herrscht lebhaftes Treiben. Ein wunderschöner Platz mitten in Odessa!

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City Garden mit Licht- und Musik-Brunnen.

#6 Die Straße Derybasivska – Sehen und Gesehen werden

Überhaupt muss man in Odessa nicht hungern. Auf der beliebten Flaniermeile Vul. Derybasivs´ka sowie in der Parallelstraße Vul. Lanzheronivs´ka reihen sich schicke und gemütliche Cafés und Restaurants aneinander.

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Flaniermeile Vul. Derybasivs´ka.

Außerdem gibt es eine prächtige, glasüberdachte Einkaufspassage und zahlreiche Geschäfte für die Shopping-Fans unter euch.

#7 Geheimtipp: Privoz Markt

Wer uns kennt weiß, dass wir gerne das Stadtzentrum verlassen auf der Suche nach dem „echten“ Leben der Einheimischen. Am zweiten Tag unseres Odessa-Aufenthalts haben wir wieder einmal den richtigen Riecher, als wir mehr zufällig den riesigen Privoz Markt an der Vul. Pantaleimonivs´ka in der Nähe des Zoos entdecken.

Für die Lauf-Faulen unter euch: Die Straßenbahnlinien 10 und 15 fahren aus dem Zentrum ebenfalls zur Haltestelle Pantaleimonivs´ka.

Ihr müsst die moderne Markthalle des New Privoz durchqueren, um zu den authentischen, ursprünglichen Freiluft-Ständen der Händler zu gelangen. Hier auf der Rückseite befindet sich eine unbeschreiblich große Fläche, auf der Händler schlichtweg alles feilbieten, was man verkaufen kann, vergleichbar einem orientalischen Bazar. Ein Paradies für die Sinne.

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Marktstand auf dem Privoz Markt.

#8 Die goldenen Kuppeln der orthodoxen Kirchen und Klöster

Fast in jeder Straße der Stadt begegnen einem die polierten, gold-glänzenden Kuppeln zahlreicher orthodoxer Kirchen und Klöster, denn die Mehrheit der Bevölkerung in Odessa ist christlich-orthodox. Ich bin kein großer Kirchen-Besucher, doch diese bunten Kuppeln haben es mir wirklich angetan.

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Panteleimon Kloster.
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Sviato-Uspenskyi Kathedrale.

#9 Der Hauptbahnhof Odessa-Holovna

Wow…mir bleibt der Mund offen stehen, als wir das Gebäude des Bahnhofs erreichen. Dieser prachtvolle Bau soll ein Bahnhof sein? Jetzt wirklich?! Während wir über vornehme Stein-Stufen das Foyer des Gebäudes betreten, muss ich beim Gedanken an viele Deutsche Bahnhöfe schmunzeln. In der Halle hängt ein Kronleuchter, sauber gekleidete Leute mit Leder-Koffern bahnen sich ihren Weg zu den Gleisen des Kopfbahnhofs. So muss Bahnreisen vor 100 Jahren gewesen sein, denke ich. Was für ein zauberhafter Ort. Keine Geschäfte, keine Hektik, keine Bettler, all´ das, was viele Deutsche Bahnhöfe heutzutage zur Hölle macht, fehlt hier.

#10 Eine Fahrt mit dem Riesenrad

Daniel und ich, wir lieben Riesenräder! Ob in Düsseldorf, Wien oder Valencia, wenn es ein Riesenrad gibt, fahren wir damit, koste es, was es wolle 😀

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Riesenrad im Odessa Luna Park.

Zugegeben, hier im Odessa Luna Park sind wir mit umgerechnet 3€ recht günstig unterwegs. Von oben genießen wir die Aussicht über die gesamte Stadt bis zum Hafen und aufs Schwarze Meer hinaus, ein paar traumhafte Minuten der Zweisamkeit.

#11 Romantische Spaziergänge

Odessa hat wirklich unglaublich viele Grünflächen und Parks, die sich für romantische Spaziergänge eignen, wie z.B. den riesigen Park Tarasa Shevchenka oder den recht trubeligen Istanbul Park. Ich finde, der schönste Weg durch Bäume und viel Grün verläuft entlang dem Zhvanets´koho Boulevard. Das kleine, versteckte Boulevard beginnt im Westen nahe der Bushaltestelle Ol´hiivs´ka Straße.

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Zugang zum Zhvanets´koho Boulevard.

Folgt man dem Verlauf des Weges von dort Richtung Osten, passiert man einige Monumente, die Rückseite des Shahs Palastes, das Liebesschloss-Herz sowie die spektakuläre Tioshin Brücke.

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Liebesschloss-Herz auf dem Zhvanets´koho Boulevard.

Der Weg ist gesäumt mit vielen Bänken, hier und da steht einer der für Odessa typischen mobilen Espresso-Bar-Wagen, man hat immer wieder tolle Ausblicke auf den Hafen und erreicht am Ende des Spaziergangs die Potemkinsche Treppe. Für uns ist das ein wunderschöner, gelungener Abschluss unseres erholsamen Odessa Aufenthalts.

Wissenswertes:

Wohnen? Hotels und Wohnungen findet man auf den üblichen Portalen in jeder Preisklasse. Unser Hotel war das Potemkinn Hotel.

Anreise? Flüge zum Flughafen Odessa gibt es von Deutschland ab ca. 200€, meist mit Stopp in Kiew.

Reisezeit? April bis Oktober. In den Wintermonaten wird es extrem kalt. Wir waren im August 2017 dort.

Strände? Es gibt einige Stadtstrände, die wir trotz der sommerlichen Jahreszeit nicht besucht haben. Wir haben jedoch erzählt bekommen, dass die Strände meist voll und schmutzig sind und die Wasserqualität wegen der Nähe zum Hafen nicht besonders gut ist.

Sicherheit? Wir haben uns überall in der Stadt, auch am Abend und bei Nacht, sehr wohl gefühlt. Die Nähe zur Krim bemerkt man überhaupt nicht.

Sprache? Es sind überwiegend russische und ukrainische Touristen unterwegs, kaum westliche Europäer. Dennoch kann man sich in der Stadt überall mit Englisch verständigen.

Planst du eine Reise nach Odessa oder bist du noch unschlüssig welche Stadt in Osteuropa du besuchen sollst?
Dann schaue gerne in meiner Kategorie Osteuropa für weitere Inspiration vorbei oder hinterlasse mir einen Kommentar! Deine Julia

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City-Guide Odessa